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SPD

"Kinder und Familien nicht vergessen" | Namensbeitrag von Katja Mast in der Frankfurter Rundschau

24.04.2020

Quelle: Frankfurter Rundschau

Nach den Schulen müssen die Kitas wieder Kinder betreuen. Doch das alleine reicht nicht.

Die Corona-Krise ist eine schwere Prüfung für alle. Besonders hart trifft es Familien, vor allem die mit jungen Kindern. Seit fünf Wochen leisten sie Herausragendes. Sie müssen ihre Kleinen betreuen, sie zum Lernen animieren, Freunde ersetzen. Viele Eltern arbeiten zudem. Das ist ein Kraftakt. Ich kenne das als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder. Meine Mitarbeiter ächzen unter der Belastung, in meinem E-Mail-Postfach stapeln sich die Nachrichten Betroffener. Besonders hart sind die Bedingungen bei Kindern mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung.

Es muss alles dafür getan werden, dass Kinder und ihre Eltern möglichst wenig unter der aktuellen Situation leiden. So schwere und weitreichende politische Entscheidungen haben wir alle noch nicht erlebt. Man darf aber nicht vergessen: Wir sind noch nicht über den Berg. Einen zweiten Lockdown gilt es im Sinne aller zu verhindern. Steigen die Infektionszahlen nun wieder an, wäre das eine Katastrophe – auch für Familien.

Familien brauchen Planbarkeit. Neben einem Fahrplan für die Schulen brauchen wir einen Fahrplan für die Kitas. Immer unter der Prämisse, dass der Gesundheitsschutz unserer Kleinsten, ihrer Familien und der Erzieherinnen und Erzieher gewährleistet wird. Kinder brauchen andere Kinder und ihre Erzieherinnen. Gerade in der Krise wird mit Wucht deutlich, welche großartige Leistung sie täglich abliefern. Schon vor der Corona-Krise haben wir die Fachkräfteoffensive auf den Weg gebracht, um diesen Beruf zu stärken.

Haben Kinder das Kita-Umfeld nicht, drohen Familien zu zerbrechen – physisch, psychisch und beruflich. In der Kita werden zentrale Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft gelegt, sie sind Lern- und Teilhabeorte. Es braucht eine Öffnung, wenn auch gestuft und gegebenenfalls nur in Intervallen für alle Kinder vor den Sommerferien. Die Gespräche hierzu laufen.

Dafür brauchen wir Einigkeit zwischen den Ländern. Der deutsche Föderalismus ist ein zentraler Baustein der Demokratie in unserem Land, sein konstruktives Miteinander ist ein wichtiger Mechanismus des Interessenausgleichs. Aber wenn Länder zwischen harter Linie und Lockerkurs schwanken, hilft das niemandem. Es gilt ein Zeichen an alle Kinder und Eltern zu senden. Gut, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Ressort von Franziska Giffey sich mit der Situation in den Kitas beschäftigt und hart daran arbeitet, die Wiederaufnahme des Betriebs geordnet Schritt für Schritt abzustimmen.

Wir dürfen das Kindeswohl nicht aus dem Auge verlieren. Dass die häusliche Gewalt zunimmt, beunruhigt mich, die Gefahr der Kindswohlgefährdung ist enorm. Jugendämter müssen in städtischem Umfeld wegen der Corona-Krise bereits häufiger eingreifen. Es gibt hier zahlreiche wertvolle Hotlines für Kinder und Jugendliche, deren Wert sich in der aktuellen Situation wieder herausstellt.

Aber wir dürfen unsere langfristigen Ziele nicht aus den Augen verlieren: Die Stimme von Kindern muss gehört werden. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir bald Kinderrechte im Grundgesetz verankern. So bekommen Kinder zusätzlich mehr Aufmerksamkeit und Gewicht – das stärkt auch ihre Familien. Wie wir mit unseren Kleinsten umgehen, entscheidet über die Zukunft unserer Gesellschaft. Das dürfen wir gerade während der Krise nicht vergessen.

Unsere Gesellschaft muss langfristig Familienunterstützung neu denken. Dafür brauchen wir die komplette Solidarität und Unterstützung unserer Gesellschaft für Familien. So wie alle für den Gesundheitsschutz die Kontaktbeschränkungen mittragen, müssen nun alle die konsequente Förderung von Familien mittragen.

Ich will einen Solidaritätspakt für Familien, mit besserer Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern, einer Kindergrundsicherung, so dass kein Kind in Armut aufwachsen muss, und einer Familienarbeitszeit, die mehr Zeit für Familie ermöglicht. In skandinavischen Ländern geht das, in Deutschland hat die SPD für Regelungen wie die Brückenteilzeit lange kämpfen müssen.

Mein Ansatz ist, dass wir die Familien bei allen politischen Entscheidungen stets mitdenken. Deshalb streiten wir Sozialdemokraten für eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Es darf nicht sein, dass Familien aufgrund des geringen Einkommens während der Kurzarbeit ihre Miete nicht bezahlen oder Kredite nicht mehr bedienen können.

Während der Corona-Krise müssen wir unsere Anstrengungen für Familien weiter erhöhen. Und für die Zeit nach der Krise haben wir mit der Kindergrundsicherung bereits die nächsten Antworten parat. Mit dem Gute-Kita-Gesetz und dem Starke-Familien-Gesetz haben wir den Grundstein gelegt.

Katja Mast ist SPD-Bundestagsabgeordnete und als Vize-Fraktionschefin zuständig für die Themen Arbeit und Soziales sowie Frauen, Senioren, Familie und Jugend.