Deutscher Bundestag
SPD

Meine Biographie

Zu Hause in Baden-Württemberg

Im Winter 1971 wurde ich im badischen Offenburg geboren. Ein schöner Landstrich in der Nähe zu Frankreich. In Elgersweier, einem Stadtteil von Offenburg, wuchs ich gemeinsam mit meinen drei Geschwistern bei meiner Mutter auf. In Offenburg kannte sich jeder und diese Verbundenheit schätze ich bis heute. Auch wenn es mal schwer war, wusste ich: Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein – hier bin ich zuhause.

Nie auf Rosen gebettet

Meine Mutter zog mich und meine drei Geschwister allein auf. Von meinem Vater sah sie keinen Pfennig (so hieß das damals), das Gehalt einer Putzfrau hat für sie und vier Kinder kaum gereicht. Deshalb war meine Mutter auf Sozialhilfe angewiesen. Zuerst ging sie mehrere Monate nicht zum Amt, weil sie sich geschämt hat, fremde Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Das vergesse ich bis heute nicht. Es darf nicht dem Ansehen schaden, wenn man Hilfe in Anspruch nimmt! Weder beim Staat noch in der Gesellschaft darf es einen in Verruf bringen. Daher ist das Ziel meiner Politik: die Mühen kleiner, die Freuden größer machen.

Abitur – Neuland in meiner Familie

Die Schule fiel mir nicht immer leicht. Mit manchen Lehrkräften kam ich gut zurecht, mit anderen weniger – hinzu kamen die berüchtigten Stimmungskurven Heranwachsender. Mit all dem war ich meistens auf mich allein gestellt. Hausaufgabenhilfe war nicht. Meine Mitschüler habe ich dafür manchmal beneidet. Mehr noch: Wenn sie eine 4 in Französisch geschrieben haben, gab es Nachhilfe. Ich dagegen musste mühsam büffeln, ohne Extraunterricht. Das Abi habe ich nach Umwegen über Hauptschule und Wirtschaftsgymnasium trotzdem gepackt. Als Erste in der Familie. Eine große Sache.

Warum ich Sozialdemokratin geworden bin

Schon als Kind habe ich die Natur geliebt. Und obwohl die Grünen damals gerade stark im Kommen waren, bin ich bei der SPD gelandet. Warum? Sie bringt Ökologie und Ökonomie zusammen! Als junge umweltbewegte Frau wollte ich meiner Mutter mal die Tetrapacks verbieten und Milch nur noch in Glasflaschen kaufen. Aufgepasst: Auf Glasflaschen war ein hohes Pfand. Meine Mutter: „Gib mir die fünf Mark, die mir dann wöchentlich fehlen von deinem Taschengeld“. Ich habe eingesehen: Ist der Gürtel zu eng geschnallt, gibt es keinen Spielraum für Umweltschutz. Gute Politik muss sich beidem zuwenden.

Studium in Heidelberg

In meiner Familie war ich die erste und einzige an der Uni. Vorbilder gab es in diese Richtung keine. Also habe ich mich selbst orientieren müssen. Mein Traum: Andere befähigen und ihnen helfen die Barrieren aus dem Weg zu räumen, die mir selbst begegnet sind. Deshalb habe ich Biologie, Geografie und Politik auf Gymnasiallehramt studiert. Möglich war das für mich nur dank BAföG – einer sozialdemokratischen Errungenschaft. Ein weiterer Grund, warum ich mich bei den Jusos engagiert habe. Ich habe gemerkt: Die SPD hat ein Gefühl dafür, was man braucht, um seinen Weg zu gehen.

Politik war für mich immer spürbar

Ich habe im Alltag jeden Tag gespürt, was es heißt, wenig Geld zu haben. Wenn bei den Jusos alle Pizza bestellt haben – dann habe ich meinem mitgebrachten Tomatensalat aus der Tupperdose den Vorzug geben müssen. Mehr noch: Ich habe auch direkt gespürt, wie konkret sich Gesetze auf mein Leben auswirken. Als während meines Studiums eine Unterhaltsreform kam, hatte ich von einem Tag auf den anderen kein Geld mehr. Furchtbar! Bürokratisches Klein-Klein habe ich am eigenen Leib erlebt, hinter Paragrafen stehen eben Menschen! Deshalb mache ich gerne und akribisch Gesetze. Ich weiß: Jedes Wort zählt.

Hinaus in die Welt (Forschungsaufenthalt in Madagaskar)

Bei der Finanzierung meines Studiums hat mir nach dem Grundstudium ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung richtig geholfen. Das BAföG kam unregelmäßig und abhängig von meinem unzuverlässig zahlenden Vater. Das Stipendium war zuverlässig und verringerte so meine Sorgen, während der Handlungsspielraum größer wurde. Und: Mir wurden Werte vermittelt und mein Horizont erweitert – man wurde fast dazu gedrängt, ins Ausland zu gehen! Die Folge und für mich vorläufiger Lebenshöhepunkt: Ein Forschungsaufenthalt auf Madagaskar im Rahmen meiner Staatsexamensarbeit. Wow! Palmen und die große weite Welt! Thematisch bin ich mir auch dort treu geblieben. Mein Forschungsthema: „Chancen einer nachhaltigen Agrarentwicklung in Wechselwirkung von fachlichem Angebot und politisch sozialer Situation“. Sozialdemokratisch, oder? ;)

Beraterin statt Lehrerin – wie es dazu kam

Nach meinem Studium bin ich nicht den typischen, vorgefertigten Weg zur Lehrerin gegangen. Vielleicht ist das typisch, für Arbeiterkinder wie mich – es gibt keine akademischen Vorbilder und Leitplanken. In meinem Studi-Job war ich positiv aufgefallen, man bot mir eine Stelle bei einer Beratung an: Ich wurde Projektleiterin und recht schnell stellvertretende Bereichsleiterin beim Institut für Organisationskommunikation (IFOK) in Bensheim. Politisch war die Arbeit auch hier. IFOK berät Politik und Wirtschaft im öffentlichen Raum, als studierte Pädagogin waren meine Themenbereiche Bildung und Arbeit. Ich habe mich darum gekümmert, naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen zu verbessern. Als Frau besonders wichtig, denn wir Frauen sind in den naturwissenschaftlichen MINT-Bereichen immer noch unterrepräsentiert!

Mein Herz schlägt für Beschäftigte (Referentin für Personalstrategie bei der Bahn)

Nach vier Jahren IFOK habe ich eine neue Herausforderung gesucht und diese bei der Deutschen Bahn gefunden. Ich hatte gemerkt: Das Thema Arbeit liegt mir. Meine Mutter hat den Wert von Arbeit immer betont, es war ihr wichtig, nicht nur von Sozialhilfe zu leben. Als Sozialdemokratin war mir dabei klar – ich kümmere mich um Beschäftigte, um Menschen, die was schaffen und am Ende des Tages zufrieden nach Hause gehen wollen. So wurde ich Referentin beim Personalvorstand und war zuständig für Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik; Beschäftigungsbedingungen und Tarifpolitik.

Einzug in den Bundestag

Ich bin Abgeordnete geworden, damit die Menschen in Deutschland würdevoll leben und arbeiten können. Und um dafür zu sorgen, dass alle in Deutschland ihren Weg gehen können. Egal welches Geschlecht, welche Herkunft und wie prall gefüllt das Bankkonto der Eltern ist. Ich will, dass allen im Land die Türen zum Leben offenstehen.

Mir haben sich im Leben diese Türen vor allem durch zwei Dinge geöffnet: Bildung und harte Arbeit. Deshalb bin ich Arbeitsmarkt- und Sozialpolitikerin geworden. Aufstieg will ich allen ermöglichen. Und gute Arbeitsmarktpolitik sorgt in einer Welt des Wandels und des Wettbewerbs für faire Bedingungen, Sicherheit und Chancengleichheit. Gute Arbeitsmarktpolitik gibt allen eine Chance. Besonders wichtig ist mir, für Zusammenhalt und Solidarität zu sorgen. Deshalb war ich auch während meiner Banklehre Jugend- und Ausbildungsvertreterin. Mir war immer klar: Wer gemeinsam für seine Interessen eintritt, erreicht mehr. Ein weiterer Grund, warum ich so gerne Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mache. Zusammenhalt durch gegenseitige Unterstützung, das ist SPD. Wir stehen für Solidarität statt Ellenbogen!

Von Berlin in die Weinberge

Schon vor meinem Einzug in den Bundestag stand ein Umzug in den Enzkreis an. Politik ist nur so stark, wie unsere Erfahrungen und Begegnungen im Alltag sind. Und so rumpelte nicht mehr eine Berliner Straßenbahn an meinem Fenster vorbei, sondern vom Balkon unseres Reihenhauses in Dietlingen blickte ich über die Weinberge Kelterns. Seitdem bin ich einfach da, in Pforzheim und dem Enzkreis - ob im Bürgerbüro oder unterwegs. Mit einem offenen Ohr setze ich mich für die Menschen in meinem Wahlkreis ein. Nicht zuletzt dank meiner Sommertouren, wie der Familienerlebnis-Tour oder der Natur-Kultur-Fahrradtour, kenne ich Pforzheim und den Enzkreis wie meine Westentasche – auf den großen und den kleinen Wegen. 

Generalsekretärin der SPD Baden-Württemberg

Im Jahr 2011 kam eine neue Herausforderung auf mich zu – ich wurde zur Generalsekretärin der SPD Baden-Württemberg gewählt. Diese Verantwortung für meine Heimat habe ich gerne geschultert. Nach der Landtagswahl 2011 stellten wir gemeinsam mit den Grünen die Landesregierung. Während der Wahlerfolg der Grünen von Fukushima und den Protesten gegen Stuttgart 21 getragen worden war, hatte sich die SPD der Bildungspolitik, der Fachkräftesicherung, dem sozialen Ausgleich und der Stärkung unserer Wirtschaftskraft verschrieben. Hier haben wir in der Legislaturperiode auch richtig was erreicht. Wir haben mit einem Landesarbeitsmarktprogramm gezeigt, dass Teilzeitausbildung funktioniert und wir Langzeitarbeitslose in Jobs bringen, indem wir Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren. Wir haben das Bildungssystem in Baden-Württemberg verändert und mehr Chancengleichheit verwirklicht. Unter anderem durch die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung von Gemeinschaftsschulen und einem nie da gewesenen Schwerpunkt bei der frühkindlichen Bildung. Dass Baden-Württemberg bei der Qualität der frühkindlichen Bildung ganz vorne liegt, ist der Verdienst unserer entschlossenen Bildungsoffensive.

Sprecherin für Arbeit und Soziales

Im Januar 2014 wurde ich von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion zu deren Sprecherin gewählt – ein großer Moment. Ich durfte für das Kernthema meiner Partei sprechen und unsere Gesetzesvorhaben im Parlament mit engagierten Kolleginnen und Kollegen verantworten, was für eine Ehre! Mein Antrieb war stets gewesen, Großes im Kleinen zu bewegen. Ich hatte früh im Leben erfahren, wie kleine Paragraphenänderungen mein Leben nahezu umkrempeln konnten. Daher weiß ich: Der Teufel liegt im Detail. So hat meine Biografie meinen detailversessenen Arbeitsstil und damit mein politisches Kapital geprägt. Mein größter Erfolg in meiner Zeit als Sprecherin war es, den Mindestlohn an der Seite von Arbeitsministerin Andrea Nahles zu verhandeln – ein historischer Meilenstein für die soziale Marktwirtschaft. Seit dem 1. Januar 2015 profitieren rund 3,7 Millionen arbeitende Menschen von seiner Einführung. Wir von der SPD haben dafür an der Seite der Gewerkschaften 12 Jahre gekämpft und seine Einführung 2013 zu einer Bedingung für den Eintritt in die Koalition gemacht.

Stellvertretende Fraktionsvorsitzende

Von Dezember 2017 bis Dezember 2021 war ich als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und verantwortlich für die Themen Arbeit und Soziales, Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Hier konnten wir nicht nur mit der Grundrente oder dem Sozialen Arbeitsmarkt, sondern auch mit dem Starke-Familien-Gesetz und dem Gute-Kita-Gesetz richtungsweisende Reformen erreichen.

Katja Mast und Rolf Mützenich

Wahl zur Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin

Am 9. Dezember 2021 hat mich die SPD-Bundestagsfraktion zu ihrer Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin gewählt. In dieser Funktion ist meine wichtigste Aufgabe, die Fraktionsarbeit mit der parlamentarischen Arbeit zu koordinieren. Was abstrakt klingt, wird konkret bei der Koordinierung der Abläufe der Parlamentsdebatten sowie der parlamentarischen Abläufe mit der Bundesregierung und der Bund-Länder-Zusammenarbeit sowie der Verantwortung der Gremien meiner Fraktion. Dafür bin ich im stetigen Austausch mit den anderen Bundestagsfraktionen, Ministerien und Bundesländern und Parteien. Ich bin außerdem Sprecherin meiner Fraktion im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat sowie im Ältestenrat des Deutschen Bundestages.